VIA EGNATIA

Auf den Spuren der antiken Via EgnatiaVORWORT

Dieses Buch soll den Leser auf einer fast zweitausend Kilometer langen Reise entlang der römischen Via Egnatia begleiten und zu den kulturell und historisch interessanten archäologischen Stätten, Bauwerken und Kunstdenkmälern im südlichen Balkan führen – einst errichtet auf den Gebieten des antiken Illyriens, Makedoniens, Thrakiens und Hellas’, später in Teilen des Römischen, Byzantinischen und Osmanischen Reiches.

Auf den Spuren der antiken Via Egnatia zu reisen heißt heute, einer Route durch Albanien, Mazedonien, den Norden Griechenlands und den europäischen Teil der Türkei zu folgen. Obwohl die römische Militär- und Handelsstraße Via Egnatia – einst das Verbindungsglied zwischen Ost und West – ausschließlich auf europäischem Gebiet verläuft, ist bisher nur eines der vier bereisten Länder, Griechenland, Mitglied der Europäischen Union. So sind auf dieser Route immer noch Auswirkungen des ehemaligen Eisernen Vorhangs zu spüren und die Grenzen nicht so offen wie fast im gesamten übrigen Europa.

Schon oft in der Geschichte wurde diese transbalkanische Verbindungslinie gekappt und damit der Austausch und die Begegnung zwischen West und Ost, Europa und Asien, Christentum und Islam be- wenn nicht verhindert. So entwickelte sich über die Jahrhunderte eine Tradition der kulturellen und politischen Trennungen, wobei sich die Grenzen einmal mehr nach Osten, dann wieder zurück in den Westen verschoben, je nach den Kräfteverhältnissen im Spannungsfeld der politischen und militärischen Auseinandersetzungen; genannt seien hier das lateinisch geprägte Weströmische Reich und das griechisch dominierte Oströmische Reich, das päpstliche Rom und das orthodoxe Byzanz, das  islamische Morgenland und das christliche Abendland und nicht zuletzt während der Zeit des Kalten Krieges der kapitalistische Westen und der kommunistische Osten.

Auch wenn der jeweilige Fokus bei den innerhalb des Balkans gezogenen ideologischen Grenzen immer auf dem Trennenden und nicht auf dem Verbindenden lag, so bildet dieses Gebiet doch einen im Kontext Gesamteuropas eingebetteten, gemeinsamen osteuropäischen Kulturraum, geprägt von eben diesem, sich über Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende andauernden Aufeinanderprallen der Kulturen, Religionen und Ideologien, das einerseits nach wie vor den Nährboden für viele Probleme des heutigen Osteuropas abgibt, andererseits aber auch die Grundlage für ein besseres Verständnis und Miteinander der Völker bieten könnte.

Das vorliegende Buch soll dazu beitragen, Gemeinsamkeiten zu betonen und Grenzen zu überwinden. Es soll mithelfen, auch jenen Ländern, die heute noch kaum die Aufmerksamkeit der westlich gelegenen Nachbarn finden, den Weg in ein gemeinsames, identitätsstiftendes Europa zu ebnen.

Nicht nur in vergangenen Zeiten, sondern auch heute noch wird dem Reisenden auf dieser Route entlang der Via Egnatia einiges an Zeit und Mühe abverlangt. So werden quer durch den Balkan vier Länder bereist, in denen vier verschiedene Währungen gelten, vier verschiedene Sprachen gesprochen und verschiedene Schriften geschrieben werden. Doch wird der Reisende für diese Mühen reichlich entschädigt durch Begegnungen mit großen, längst versunkenen Kulturen, durch Naturerlebnisse in faszinierenden Landschaften und durch das Zusammentreffen mit gastfreundlichen Menschen, die stets mit Rat und Tat helfend zur Seite stehen. Jenseits der touristischen Trampelpfade erschließen sich mitten in Europa neue Länder und Landschaften, die große Entdeckungen und kleine Abenteuer versprechen.

Ob wir archäologische Stätten wie Apollonia (Albanien), Heraklea (Mazedonien) und Vergina (Griechenland) durchstreifen, ob wir die Überbleibsel längst untergegangener Reiche wie das der Illyrer, Makedonier und Thraker besuchen, ob wir die Kunstschätze des Byzantinischen Reiches in Museen bewundern, ob wir die vielen, die gesamte Route säumenden, frühchristlichen Basiliken besichtigen oder die wunderbaren Moscheen des genialen islamischen Baumeisters Sinan bestaunen – die Vielfalt und Ausdruckskraft dieser großartigen Kulturdenkmäler wird uns ebenso faszinieren wie die intakte Natur im mazedonischen Pelister-Naturschutzpark oder im griechisch-türkischen Evron-Delta.

Als Begleiter auf dieser historischen Entdeckungsfahrt führt dieses Buch zu den unmittelbar im Zusammenhang mit der Via Egnatia stehenden antiken Stätten. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf lohnende historische Plätze in der näheren und weiteren Umgebung, führt touristisch durch die besuchten Orte und Städte, informiert über weitere Sehenswürdigkeiten der Länder, so dass es dem Interesse und der Zeit jedes Einzelnen überlassen bleibt, wie ausführlich die jeweilige Region erkundet wird.

Ein geschichtlicher Überblick von der Antike bis zur Neuzeit macht mit der Historie jedes der bereisten Länder bekannt; aktuelle Informationen und praktische Reisetipps ergänzt durch einen kleinen Sprachführer helfen, sich überall zurechtzufinden.

Themenkästen zu Geschichte, Kunst, Kultur und Politik runden den neu gewonnen Blick auf die bereisten Balkanländer ab. Zum Nachschlagen sind ein ausführliches Orts- und Personenregister, ein Verzeichnis wichtiger archäologischer Fachbegriffe, ein Kartenverzeichnis und Literaturhinweise angefügt.

Seit ihren Anfängen diente die Via Egnatia immer auch dem Austausch der Kulturen, dem Dialog der Völker und der Begegnung zwischen Menschen. Hier anzuknüpfen ist der eigentliche Sinn einer Reise auf den Spuren der antiken Via Egnatia.

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